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Anstatt macht den Deckel drauf

Fußball  Wetzlar – Potsdam II 3:2

So jubeln nur Siegerinnen (v.l.) Kathrin Scheremuly, (Mitte) Doppeltorschützin Nadine Anstatt (Nr.11), und Selina Heinzeroth (Nr.9) von Hessen Wetzlar

 

WETZLAR Sie können es noch: Die Fußballerinnen des Zweitligisten FSV Hessen Wetzlar haben am Sonntagmittag den ersten Sieg vor heimischem Publikum in dieser Saison eingefahren.

 

„Es wurde Zeit“, sagte Nadine Anstatt nach dem Schlusspfiff und meinte damit nicht nur den 3:2-Erfolg gegen den als Favorit in die Partie gegangene 1. FFC Turbine Potsdam II.

 

Denn auch für die Mittelfeldspielerin persönlich war es höchste Zeit, endlich Tore zu schießen. Dass sie es kann, stellte die 23-Jährige eindrücklich unter Beweis. In ihrem Seitfall-Volleyschuss aus elf Metern zum zwischenzeitlichen 2:1 (25.) nach feiner Flanke von Lea Hartmann steckte nicht nur Entschlossenheit, sondern wohl auch der Frust darüber, dass zuletzt so viele Schüsse an Pfosten oder Latte geknallt oder gleich ganz vorbeigegangen waren.

 

„Ich wollte den Ball genau so treffen, aber dass ich ihn dann auch genau so treffe, freut mich umso mehr“, sagte Anstatt, die auch den Siegtreffer zum 3:2 markierte: Als der Ball über Hartmann, Julia Schermuly und deren Schwester Kathrin über die rechte Seite getrieben wurde und schließlich vor ihrem Fuß landete, fackelte die Ex-Frankfurterin (65.) nicht lange und zog zum 3:2 ab. Marie Heinze im Kasten der Turbinen hatte keine Chance.

Es war aber noch lange nicht der Schlusspunkt in einer hart umkämpften Partie. Die junge Potsdamer Truppe kämpfte bis zum Abpfiff um jeden Ball und hatte eine Viertelstunde vor Schluss noch eine starke Phase mit drei Eckstößen innerhalb von 180 Sekunden und einem Pfostentreffer durch Nathalie Bretschneider, deren Schuss vom Innenpfosten abprallte, viel zu lange an der Torlinie in Richtung der anderen Stange kullerte und schließlich durch die FSV-Abwehr geklärt wurde (79.).

 

Lahnstädterinnen verwerten endlich einmal konsequent die sich bietenden Möglichkeiten

 In diesen Minuten hatten die Wetzlarerinnen phasenweise ihre Ordnung aufgegeben und mit verheerenden Fehlpässen den Gegner stark gemacht. Aber das sollte an diesem Tag keinen Ausschlag geben, denn auf der anderen Seite verwerteten die Lahnstädterinnen endlich konsequent ihre eigenen Chancen. Nach zehn Minuten war es Selina Heinzeroth (10.), die überlegen einschob. Auch hier begann die Vorarbeit über die rechte Seite. Die bärenstarke und hellwache Lea Hartmann leitete ein, Zoe Brückel verteidigte den Ball an der Grundlinie und brachte ihn zurück vor das Tor, wo Heinzeroth schon wartete.

 

Potsdam schlug kurz darauf durch Marlene Müller (17.) zurück, die FSV-Keeperin Janina Beffart per Lupfer eiskalt aussteigen ließ. Eine 2:1-Führung zur Pause – so durfte es für Wetzlar gern weitergehen.

Doch nun passierte zum dritten Mal in dieser Saison, was nicht passieren darf: Keine Minute war die Partie wieder angepfiffen, da jubelte der Gegner. Wieder war es Müller, die für die Gäste traf. Diesmal marschierte sie nahezu unbedrängt durch die Wetzlarer Defensive und machte das 2:2. Die Vermutung, seine Mannschaft sitze im Geiste noch in der Kabine, wies Cheftrainer Michael Dörr von sich: „Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen zu viel. Der Anpfiff kommt und die Mannschaft hat diese Mentalität, sofort wieder alles reinzulegen. So entsteht Unordnung, die der Gegner dann nutzt.“

Was sich nicht wiederholte, war der Kompletteinbruch nach dem schnellen Gegentor. Diesmal behielt der FSV die Nerven und vor allem auch die eigene Stärke im Blick und belohnte sich für eine ansehnliche, unterhaltsame Leistung mit dem Sieg. Denn mit dieser konzentrierten Leistung kann Wetzlar jedes Team der Liga schlagen. Dass zwei der drei Treffer und mindestens zwei der weiteren Torchancen des Spiels durch Julia Schermuly und Heinzeroth (41.) exakt so eingeleitet wurden, wie das Team es einstudiert hat, unterstreicht den Eindruck, dass Dörrs Handschrift inzwischen deutlich zu erkennen ist.

Der war nach dem Ende einfach nur erleichtert: „Es war ein wichtiger Sieg, um den Erfolg in Frankfurt zu bestätigen. Wir können nun einigermaßen entspannt nach München fahren.“ Sein Potsdamer Gegenüber Thomas Kandler war indes bedient: „Defensiv haben wir zu viele Fehler gemacht, offensiv hatten wir viel zu wenig Durchschlagskraft. Ballbesitz allein reicht eben nicht.“

Wetzlar: Beffart – Wünsche, Simbeck, Klippert, Brückel – Heinzeroth (88. Peil), Kathrin Schermuly, Preiß (69. Hisenay), Hartmann – Anstatt (90. Huhn), Julia Schermuly.
Potsdam II: Heinze – Scheel, Schiemann, Lindner, Graf – Weidauer, Müller, Rohde (75. Statz), Schütt, Höbinger – Prica (61. Bretschneider).
Schiedsrichterin: Duske (Köln) – Zuschauer: 220 – Tore: 1:0 Heinzeroth (10.), 1:1 Müller (17.), 2:1 Anstatt (25.), 2:2 Müller (46.), 3:2 Anstatt (66.) – gelbe Karten: Klippert (Wetzlar), Rohde (Potsdam II).

 

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