Hat mit dem FSV Hessen Wetzlar in der zweiten Bundesliga noch viel vor: Nadine Anstatt (Mitte), hier umringt von den Potsdamerinnen Laura Lindner (l.) und Luca Maria Graf (Foto: Weis)
WETZLAR Hinter ihnen liegt die bislang wohl größte Überraschung dieser Saison in der 2. Fußball-Bundesliga der Frauen.
Vor ihnen der graue Liga-Alltag: Am Sonntag empfängt der FSV Hessen Wetzlar im Stadion am Karl-Kellner-Ring (14 Uhr) einen unbequemen Gegner, der ebenso wie die Lahnstädterinnen um den Klassenerhalt kämpft: Der SV Weinberg stellt sich vor und weckt unangenehme Erinnerungen: Es war in der Saison 2016/17, als Wetzlar als haushoher Favorit zum abstiegsbedrohten SVW reiste und am Ende mit leeren Händen dastand. Mit seiner defensiven Ausrichtung brachte der Club aus Mittelfranken das Team aus der Domstadt schier zur Verzweiflung und gewann am Ende mit 1:0. Es war das letzte Aufeinandertreffen beider Mannschaften: Weinberg stieg ab.
Jetzt ist der Verein wieder zurück und möchte Wetzlar gerne erneut ein Bein stellen. Der neue Trainer Jürgen Schmidt gibt unumwunden zu: „Wir wollen in allen Begegnungen die Null stehen haben. Das ist unsere Grundausrichtung.“ An der Spielweise des SVW hat sich also in den letzten zwei Jahren nichts geändert: Der Defensivblock wird verteidigen, was es zu verteidigen gibt. Die Offensive soll hellwach auf Konter lauern. „Nach vorne wollen wir Nadelstiche setzen, und dann schauen wir mal, was in Wetzlar so geht.“
Mit 19 Gegentreffern in sieben Partien stand die Null jedoch bislang nur ein einziges Mal: vergangene Woche beim 0:0 gegen den BV Cloppenburg. „In diesem Spiel ist uns zum ersten Mal einigermaßen gelungen, was wir eigentlich auf das Feld bringen wollen“, sagt Schmidt, der gleich ergänzt: „Allerdings war unser Auftaktprogramm mit Bayern München II, Hoffenheim II und dem 1. FC Köln auch nicht leicht.“
In Wetzlar will der neue Weinberger Trainer das 0:0 der Vorwoche wiederholen. „Ein Punkt ist immer drin.“ Dann jedoch kommt Schmidt auf die Verletzten- und Krankenliste zu sprechen. Nina Heisel, Annika Kömm und Ellen Riess, die wichtigsten Torjägerinnen des SVW, sind angeschlagen und konnten diese Woche nicht trainieren. „Keine Ahnung, ob sie spielen können“, sagt Schmidt.
Mit 19 Gegentreffern in sieben Partien steht die Null jedoch bislang nur ein einziges Mal
Michael Dörr saß wie sein Gegenüber beim letzten Duell der beiden Teams noch nicht auf der Trainerbank. Die Ausrede, Weinberg sei ein unbequemer, ja sogar eine Art Angstgegner, lässt er nicht gelten. „So etwas kann es nicht geben, wenn wir ein paar Tage vorher beim FC Bayern mit 1:0 gewinnen.“ Dörr stellt sich dennoch auf eine wenig spielfreudige Mannschaft ein, was seiner eigenen Elf vermutlich viel Ballbesitz bringen wird. „Unter Druck und gegen spielstarke Gegner können wir kämpfen, arbeiten, laufen. Doch wie gehen wir mit viel Ballbesitz um und wie hebeln wir eine dicht gestaffelte Weinberger Abwehr aus? Diese Fragen werden in dieser Woche im Training beantwortet“, verspricht Dörr. Der 54-Jährige sehnt den Sonntag schon herbei: „Ich freue mich riesig auf dieses Spiel, weil wir jetzt unsere Kontinuität, das permanente Arbeiten, das hier stattfindet, zeigen und unter Beweis stellen können.“ Den Ball halten, ruhig spielen, den einfachen Weg wählen, aber auch für Überraschungsmomente sorgen – darauf wird es gegen Weinberg, das mit fünf Zählern nach sieben Partien derzeit auf Rang zwölf rangiert, ankommen.
„Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Mannschaft das kann“, sagt der selbstständige IT-Fachmann, dem am Sonntag bis auf die langzeitverletzte Alica Kanbach alle Spielerinnen zur Verfügung stehen.
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